Die elterliche Feinfühligkeit gilt wissenschaftlich als Schlüsselkompetenz beim Aufbau einer gelingenden Eltern-Kind-Interaktion. Feinfühligkeit drückt sich darin aus, dass Eltern die Signale ihres Kindes erkennen, richtig interpretieren sowie zeitnah und angemessen darauf reagieren können. Sie dient dem Aufbau einer gelingenden Eltern-Kind-Beziehung und einer sicheren emotionalen Bindung des Kindes. Eine sichere emotionale Bindung ist ein zentraler Schutzfaktor für die Bewältigung späterer Belastungssituationen (Resilienz).

Die EPB wirkt sich positiv auf das ganze Familiensystem aus. Mithilfe von Videofeedback erhalten die Eltern Hinweise über die kindlichen Signale und werden in ihrem positiven Fürsorgeverhalten bestärkt. Dieses positive Feedback steigert die elterliche Selbstwirksamkeit und die Qualität der Eltern-Kind-Interaktion. Gleichzeitig trägt die verbesserte Eltern-Kind-Interaktion dazu bei, dass Entwicklungs- und Verhaltensproblemen bei Kindern vorgebeugt wird.

Die EPB 0–3 wurde an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums Ulm entwickelt. Sie ist in den Frühen Hilfen in Deutschland und Österreich breit etabliert. Ihre Wirksamkeit ist wissenschaftlich gut evaluiert.

Systematische Früherkennung: Selbst- statt Fremdeinschätzung
Präventionshilfen für Kinder und Familien mit schwierigen Bedingungen sind vorhanden. Dass sie genutzt werden, setzt jedoch die Früherkennung belasteter Eltern und Familien voraus. Wie das Screening im Präventionsdilemma von innen heraus erfolgen kann und wie Eltern dazu angeleitet werden, ihr Bedürfnis nach Hilfe zu erkennen, zeigt dieser Artikel. (Obstetrica, 10/2022)